rss feed icq status

Sie.
Irgendwie war sie immer mein Tor zur Welt. Sie hatte diese Farben, die man sonst nur von den eigenen Kinderfotos kennt. Die Tapeten der Wohnung, die braungelben Luster, die Tischdecken - eben alle die Sachen die sich irgendwo im Hintergrund versteckten, während man selbst für die Kamera posierte. Nackt, lachend, frei.

Von kleinauf war sie das Zeichen Wegzufahren, zu den Großeltern - auf den Kirtag. Wackelsteine. Autobahn. Dann zogen wir um, und sie war Langenzersdorf (was so niemals stimmte), Wien, die Welt. Das gute Gefühl schon fast wieder zu Hause zu sein. Wie eine Begleiterin auf den letzten Metern die dich umschmeichelt, dich begleitet, dir zur Seite steht.

Ich habe erst spät verstanden, daß die Lärmschutzwand nicht für mich sondern in Wirklichkeit gegen mich gebaut wurde. Also gegen mich als personalisierter Autolärm eben. Sie war für mich Kunst, diese farbigen Linien - die sich im Verlauf der Strecke in Breite und Ausrichtung änderten. Farben kamen hinzu, verschwanden. Zischten vorbei, und blieben doch für Kilometer bei mir.

Heute steht sie nicht mehr; die Autobahn muß breiter werden; Technologie hat sich weiterentwickelt - Charakter nicht. Die neue Wand ist höher, einfärbig braun - abgewechselt mit blaugrauen Standard-Lärmschutzwand-Legoteilen. Wieder ein Stückchen Heimat weniger. Ich erkenne meine Heimat fast nicht mehr wieder. Zumindest den Weg dorthin.
kommentieren (5) vec, 07.07.2005 00:05

vec souce, 2004